Nostalgischer Briten-Charme im Jaguar

Ein Gesicht ist der Spiegel der Seele, heißt es. Das klingt ganz romantisch, aber haben Autos eine Seele? Klar doch, haben sie – und für alle, die daran zweifeln, nennen wir es Charakter. Welcher das ist, spiegeln die Frontpartien unserer vier Vergleichsautos ziemlich deutlich wider.

Beim Jaguar X-Type zum Beispiel. Mit seinen runden, kleinen Scheinwerfern blinzelt er freundlich in die Gegend, wirkt mit seinen weichen Formen auf eine sympathische Art altmodisch. Das gilt auch für das leicht nostalgisch gebaute Cockpit mit seinem typischen Briten-Charme – im X-Type herrscht eine wohnliche, gemütliche Atmosphäre. Ganz anders als etwa in den kalten, klaren Audi oder Honda. Sicher auch eine Geschmacksfrage. Stört es wirklich, daß die wunderschön gezeichneten Instrumente schlecht abzulesen sind? Mich überhaupt nicht. Auch zuviel Platz sollte man nicht erwarten. Der Jag ist besonders vorn vergleichsweise eng, im Fond liegt er auf dem Niveau des Audi.

Dieselmotoren sind bei den noblen Engländern inzwischen so selbstverständlich wie das reichlich verbaute Echtholz – bei der X-Type-Limousine liegt der Anteil der Selbstzünder bei 62 Prozent, beim Kombi Estate sogar bei sagenhaften 83 Prozent. Der neue 2,2-Liter mit 155 PS (Partikelfilter Serie) macht schnell klar, warum das so ist. Das Triebwerk aus der Kooperation mit Ford und Peugeot/Citroën arbeitet wie auch die Motoren im Alfa und im Honda mit der Common-Rail-Einspritztechnik.

Der Vierzylinder ist einer von der ausgeruhten Sorte, läuft harmonisch und vor allem kraftvoller, als ich das vom feinen Jaguar erwartet habe. Von den Fahrleistungen her muß sich der Jag hinter niemandem hier verstecken. Obwohl der X-Type nicht wirklich sanft über die Straße gleitet, sondern durchaus straff, ist er in diesem Vergleich noch am komfortabelsten gefedert. Zum insgesamt eher gemächlichen Fahrverhalten trägt die gefühllose, teigige Lenkung ihren Teil bei. Anders als der entspannte Jag betonen die drei anderen ihre sportlich-energische Seite.

159 – der beste Alfa seit langem

Beim Alfa macht schon das hinreißende Design deutlich, worum es hier geht. Der 159 löst den 156 ab und hat deutlich an Charakter und Statur gewonnen. Böser Blick, scharfe Kanten und genau die richtigen Proportionen. Obwohl der Alfa auf 4,66 Meter Länge wuchs und mit 1,83 Metern der breiteste im Test ist, fehlt ihm ein überragendes Platzangebot. Vorn bietet der Audi mehr Platz, hinten der Honda. Sein Kofferraum ist deutlich der kleinste im Vergleich – ein Tribut an die schöne Form.

Ganz klar, der 159 ist ein Fahrer-Auto: Alles ist auf ihn zugeschnitten. In diesem Cockpit mit den vielen Uhren nimmt jeder gern Platz, sitzt dann festgezurrt zwischen Tür und ausladender Mittelkonsole. Und das ist gut so, denn genau wie es die scharf geschnittenen Züge versprechen, macht der Alfa hier den Sportler. Er geht gern zackig um die Kurven, ist für meinen Geschmack sogar übertrieben straff abgestimmt, wirkt fast schon nervös und nimmt Querfugen mürrisch polternd. Die Lenkung arbeitet sehr direkt, aber auch zu eckig.

Auch bei Alfa Romeo sind Selbstzünder längst eine Selbstverständlichkeit, beim 159 soll der Diesel-Anteil bei deutlich mehr als der Hälfte liegen. Könnte klappen, der 1,9-Liter mit 150 PS (Partikelfilter Serie) macht seine Sache ganz gut. Er läuft ähnlich kultiviert wie der 2,2-Liter im Jaguar, dreht gern und locker. Trotzdem fährt der Alfa hier hinterher – auch eine Folge des hohen Gewichts (1680 Kilo).

Bleibt noch die bange Frage nach der Qualität. Antwort: Alfisti, entspannt Euch – das hier ist der beste Alfa seit langem. Geschmackvoller Materialmix, ansehnliche Kunststoffe, satter Klang der Türen.

Knurriger TDI im Audi A4



In dieser Beziehung der Maßstab ist aber immer noch der Audi; der A4 ist bestens und mit Liebe zum Detail verarbeitet. Mit seinem Riesen-Kühler trägt er gewaltig auf, strotzt vor Selbstbewußtsein. Zu Recht? Vorn ist er schon mal der Geräumigste, die Sitzposition paßt perfekt. Im Fond sieht es jedoch nicht ganz so gut aus. Hier ist der A4 spürbar der Engste, die ausgeprägten Wangen an der Rückenlehne zwingen zu einer leicht verdrehten, nicht besonders bequemen Haltung auf den Außenplätzen.

Kaum eine Marke wird so sehr in Verbindung mit Dieselmotoren gebracht wie Audi, beim A4 bringen es die TDI auf einen Anteil von über 70 Prozent. Inzwischen gibt es auch Partikelfilter, beim getesteten Zweiliter-Motor mit 140 PS allerdings für einen Aufpreis von 570 Euro. Der Vierzylinder arbeitet mit Pumpe-Düse-Einspritzung.

Im Vergleich mit den Common-Rail-Dieseln läuft der TDI merklich brummiger und knurriger. Das gibt einen Punkt Abzug im Kapitel Fahrgeräusche. Typisch ist auch die spitze Leistungsentfaltung: Unter 1800 Touren passiert nicht viel, dann tritt der Motor heftig an, um bei knapp 3000 Touren wieder in ein Leistungsloch zu fallen. An Biß fehlt es wirklich nicht, doch das nervt schon.

Rundum überzeugend: Honda



Wie es besser geht, zeigt der Honda Accord. Sein 2,2-Liter mit 140 PS hat zwar noch keinen Partikelfilter – den wird es aber im nächsten Jahr geben. Abgesehen davon überzeugt er komplett. So geschmeidig und drehfreudig läuft hier kein anderer Diesel. Besonders angenehm ist – anders als beim Audi – die gleichmäßige Kraftentfaltung. Ab Leerlaufdrehzahl zieht der Diesel sanft und nachdrücklich los. Der Accord erreicht so völlig entspannt gute Fahrleistungen.

Von seinem ganzen Wesen her ähnelt der Honda ansonsten dem A4. Vorn zwar noch mit einem austauschbar wirkenden Gesicht, dahinter aber mit ähnlich streng geschnittenen Zügen und einem kantigen Heck. Auch das Cockpit – klar und sachlich gegliedert – macht einen ähnlich hochwertigen Eindruck wie im Audi. Mit seinem Platzangebot liegt der Honda deutlich an der Spitze des Vergleichs, vor allem dank des geräumigen Fonds. Hier sitzt es sich bequemer als im A4, vorn passen die Sitze fast so perfekt wie dort.

Nahezu gleichauf liegen Accord und A4 beim Fahrverhalten, auch wenn der A4 hier die Nase noch vorn hat. Er fährt sich straff, präzise und handlich, hat eine angenehm direkte Lenkung. Der Honda fährt friedlich, liegt aber nicht ganz so harmonisch, und er federt auf schlechten Straßen holpriger. Seine Lenkung ist etwas gefühlloser und erreicht nicht ganz die Audi-Präzision.

Preise und Download

Zu den Preisen: Der A4 2.0 TDI mit Partikelfilter ist mit stolzen 29.070 Euro der teuerste Kandidat des Vergleichs – knapp dahinter der Jaguar für 28.900 Euro. Der A4 ist eigentlich gar nicht schlecht ausgestattet (unter anderem mit Klimaautomatik), bei ihm müssen aber zum Beispiel heizbare Außenspiegel (130 Euro), E-Fenster im Fond (290 Euro) oder auch ein Radio (mit CD ab 750 Euro) extra bezahlt werden.

Bei den anderen ist das alles im Grundpreis enthalten. Und der Alfa 159 1.9 JTDM 16V für 27.900 Euro und vor allem der Honda Accord für 26.460 Euro sind sowieso schon günstiger zu bekommen. Nette Zugabe bei Alfa Romeo: die Übernahme der Wartungskosten für die ersten drei Jahre bis maximal 120.000 Kilometer. Eine wirklich gute Idee – denn sparsamer Umgang mit Geld ist ja auch eine Charakterfrage.

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