Die weiße Umwelt-Weste gibt es nicht in Größe XXL. Wer sich das populäre Deckmäntelchen fürs grüne Gewissen überstreifen will, der muss abspecken. Ganz besonders die dicken SUV. Hoher Verbrauch, schwerer Allradantrieb und schwindendes soziales Ansehen – die Luft für die Blechburgen wird immer dünner. Daher passt der neue BMW X1 bestens in die Zeit. Mit ihm schrumpfen die Bayern das SUV erstmals auf Kompaktmaß: Bei 4,45 Meter Länge unterbietet der X1 sogar den 3er-Touring um sieben Zentimeter. Ihn haben wir auch zum ersten Schnupper-Vergleich mitgenommen. Spontaner Eindruck: Hochparterre sitzt, bietet er doch das von SUV-Käufern geschätzte Gefühl der Übersicht. Innen wirkt der X1 luftiger als der Touring, vor allem im Fond, der selbst Großen ordentlich Platz bietet. Bei umgelegten Rücklehnen schluckt das SUV nur eine Reisetasche weniger als ein 3er-Kombi.

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Dass BMW den X1 geschickt aus dem Baukasten von 1er und 3er kombiniert, sieht man am Cockpit. Das Ergebnis überzeugt. Und spart Kosten. Denn BMW hat nicht nur Format und Gewicht abgespeckt, sondern – wie ungewohnt – auch die Preise. Obwohl der getestete X1 serienmäßig mit Allradantrieb vorfährt, verlangen die Bayern deutlich weniger als für einen vergleichbaren 3er-Touring. So kostet der X1 xDrive 20d (ab 34.400 Euro) immerhin 1050 Euro weniger als der 320d mit Hinterradantrieb. Packt man im Kombi Allrad dazu, steigt die Differenz sogar auf 3650 Euro. Auch Extras sind beim X1 billiger. Das kostet BMW-Verkäufer künftig viel Mühe, den Touring schmackhaft zu machen. Vom X3 mal ganz zu schweigen. Denn der X1 rückt dem Kombi-Bruder auch fahrdynamisch verdammt dicht auf die Pelle: Der Pilot sitzt nur drei Zentimeter höher als im 3er . Hier wie dort passt das Arrangement von Lenkrad, Pedalen und Sitzen perfekt.

Der BMW 320d Touring hat leichte Vorteile beim Komfort

BMW 3er Touring
So wedelt der X1 xDrive 20d mit vernehmlichem Dieselbrummen ähnlich flink und vital über kurvige Landstraßen wie der leichtfüßige 3er-Kombi, lässt sich mit seiner präzisen Lenkung auf den Punkt genau durch die Radien zirkeln. Bei Nässe hat der X1 dank Allrad einen klaren Traktionsvorteil. Für 150 Euro Aufpreis verhindert zudem "Performance Control" (beim Allradler eine Zusatzfunktion des ESP) lästiges Untersteuern durch gezieltes Abbremsen des kurveninneren Hinterrads und gleichzeitige Erhöhung der Antriebsleistung. Kein Zweifel, der X1 bekam alle BMW -Gene in die Wiege gelegt, ohne gleich so knüppelhart zu foltern wie die ersten X3. Obwohl der X1 nur wenig Seitenneigung zeigt und bei schnellen Richtungswechseln kaum wankt, federt das Kompakt-SUV anständig. Zugegeben, kurze Wellen und Autobahn-Querfugen absorbiert der Touring geschmeidiger als der X1 – der allerdings mit optionalen 18-Zöllern unterwegs war.
Die angenehmste Überraschung folgt beim Blick in die Preislisten: Der ab Frühjahr 2010 erhältliche Basisbenziner X1 sDrive 18i mit Hinterradantrieb kostet 27.200 Euro, liegt so auf dem Niveau eines VW Tiguan 1.4 TSI mit Allradantrieb. Wir stellen fest: BMW streicht seinen Nobel-Aufschlag. Der kompakte X1 soll viel mehr Käufer erobern als die großen SUV-Brüder – vor allem mit zwei Sparmodellen, die schon ab Dezember zu haben sind: dem 18d und 20d mit Hinterradantrieb. Diese Version spart zunächst beim Kauf exakt 2000 Euro, später alle 100 Kilometer einen halben Liter an der Tankstelle: Als sDrive 18d soll der X1 laut Norm im Schnitt mit 5,2 Liter Diesel auskommen. Deshalb wird der Neuling im eigenen Revier räubern, dem 3er reihenweise die Kunden wegschnappen und außerdem viele SUV-Absteiger gewinnen. Weil hier die weiße Umweltweste passt, ohne zu kneifen.
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Fazit

von

Uli Holzwarth
Der X1 hat das richtige Format, sieht schick aus und fährt dynamisch, wie wir es von BMW erwarten. Dagegen sieht der 3er-Touring ganz schön alt aus. Vor allem beim Blick in die Preisliste. Da haben die Bayern sich einen kleinen Kannibalen im eigenen Haus herangezüchtet.